Frühere Conti-Siedlung - Wohnblock an der Limmerstraße muss weichen
Abriss für das letzte Stück der "Kolonie"
KORBACH. Das letzte Stück der „Kolonie" weicht der Abrissbirne: Die früheren Conti-Werkswohnungen an der Limmerstrafie sind entrümpelt und werden abgebrochen. Geplant ist dort ein Heizkraftwerk, das bei Conti Dampf machen soll.
Ein Bauzaun kündigt derzeit das nahe Ende der Siedlung Limmerstraße an. Mitte Mai sollen die Bagger anrücken, um den Wohnblock mit dem Plazet der Denkmalbehörde abzureißen, signalisiert Conti-Werksleiter Lothar Salokat: „Letztlich auch, weil wirtschaftliche Nutzung oder Sanierung nicht möglich sind". Zuletzt gab es noch neun Bewohner in der Limmerstraße, die Ende März aber ausgezogen sind. Stadt Korbach und Wohnungsbaugenossenschaft haben für neue Unterkünfte gesorgt, erklärt Salokat.
In Kürze wird die Fläche nahe Tor 2 eingeebnet und vermutlich als zusätzlicher Parkplatz genutzt - vorerst. Denn hinter dem Abriss des verwahrlosten Industriedenkmals stehen auch die Pläne der Mannheimer MW Energie, für Conti ein Heizkraftwerk zu bauen. Brennstoff aus Müll soll verfeuert werden, um für die Produktion günstigeren Dampf zu erzeugen.
Ein Auftakt fürs Heizkraftwerk ist der Abriss des Wohnblocks indes nicht, stellt Salokat klar. Denn über den Kraftwerksbau ist noch nicht entschieden. Ende Mai, Anfang Juni sollen die Unterlagen zur Genehmigung beim Regierungspräsidium eingereicht werden - inklusive Umweltverträglichkeitsprüfung.
Danach ist die Behörde am Zug, zudem müssen die Pläne öffentlich erörtert werden.
Bis dahin verschwindet mit den Werkswohnungen das letzte Relikt der „Kolonie", die Anfang des 20. Jahrhunderts Korbachs Aufschwung als Industriestadt symbolisierte. Als Gründer Louis Peter 1907 mit dem Bau des Gummiwerks begann, entstanden auch die ersten Wohnungen für Beschäftigte - insgesamt 87 waren es bis zum Ersten Weltkrieg (1914 bis 1918). Ab 1920 kamen weitere hinzu, 1923/24 auch der Block an der Limmerstraße. Die „Kolonie" war geboren, denn Straßennamen gab es erst 1950: Hannoversche, Vahrenwalder, Stöckener und Limmerstraße - benannt nach Werken von Continental, das 1929 das Werk in Korbach übernahm.
1936 lebten in 133 Wohnungen der Kolonie 650 Menschen - fast zehn Prozent der gesamten Bevölkerung. Von rund 2600 Einwohnern um 1900 wuchs Korbach durch Zustrom von Arbeitern allein bis 1910 auf über 4400 an. So war das Gummiwerk die Keimzelle eines rasanten Aufstiegs der Stadt mit heute knapp 25 000 Menschen.
In der Kolonie zeichnete sich schon Anfang der 60er Jahre das Ende ab wegen einer geplanten Werkserweiterung. Neue Wohnungen entstanden mit Unterstützung Contis etwa rund um Berliner und Sudetenstraße, aber auch der in der Remscheider Straße. 1967 bis 1970 wurden die meisten Häuser der Kolonie dann abgerissen - bis auf den Wohnblock an der Limmerstraße.
Von Jörg Kleine
Quelle: WLZ vom 6. Mai 2006 Zurück
 |