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Die unheilvolle Kette: Müllverbrennung - Filterstäube- Bergversatz

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BUND: Vom heiklen Geschäft mit Abfallströmen in Deutschland und Europa anhand des Beispiels der Grube Teutschenthal.

Einen Schulterschluss haben am Samstag (4.12.2010) die Bürgerinitiative gegen eine Giftmüllregion Halle (Saale) e.V. und der BUND –Arbeitskreis Abfall geschlossen. Sie wollen zukünftig den Betreiber der Grube Teutschenthal unweit der größten sachsen-anhaltinischen Stadt Halle attackieren. Einen ersten Erfolg meinen die Aktivisten errungen zu haben, indem sie den Wirtschaftsminister Reiner Haseloff (CDU) veranlasst haben, das ihm unterstehend Landesamt für Geologie und Bergbau (LAGB) anzuweisen, ein Planverfahren für die angrenzende Grube Angersdorf zu stoppen. Als nächsten Schritt wollen die Umweltschützer und besorgten Anwohner jetzt die weitere Einlagerung von Giftmüll aus Filterstäuben verhindern.

Deutschland ist seit etwa 10 Jahren zum Müllimportland geworden und trotzdem wurden und werden immer noch Verbrennungskapazitäten für importierten Müll geplant und gebaut. Der neue Trend des Umgangs mit großen Abfallströmen geht zu so genannten Industrieheizkraftwerken, die in Billigbauweise in Deutschland derzeit in solchem Ausmaß geplant werden, dass die Verwirklichung dieser Pläne zu massiven Überkapazitäten führt, heißt es in dem gemeinsamen Positionspapier.

Deutschland – vornehmlich Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt – entwickelt sich damit zum Abfallentsorgungsland Nr. 1 in Europa. Auch aufgrund der zu erwartenden Verbrennungs-Überkapazitäten ist zu befürchten, dass zukünftig noch vermehrt Abfälle aus dem europäischen Ausland nach Deutschland verbracht und hier verbrannt werden. Neben den erhöhten Luftbelastungen durch Abfallverbrennungsanlagen vor Ort führt auch die Beseitigung von Verbrennungsrückstände wie Aschen, Filterstäube und Schlacken zu großen Umweltproblemen an anderen Orten.

Darauf hat der BUND Arbeitskreis Abfall bei seiner Tagung in Teutschenthal hingewiesen. Der Chemiker Dr. Hartmut Hoffmann, Sprecher des Arbeitskreises Abfall des BUND, gilt als ausgewiesener Experte auf dem Gebiet des Gefahrenpotentials von Müllverbrennung. An seiner Seite bringt die Dorstener Stadt- und Kreistagsabgeordnete und stellvertretende Sprecherin, Claudia Baitinger, das notwenige kommunalpolitische Wissen ein. Hoffmann ist davon überzeugt, dass durch die Verbrennung Energieverschwendung und Rohstoffvernichtung betrieben wird. "Verbrennung von Ersatzbrennstoffen“ nennt er die Wiedereinführung der Müllverbrennung unter einem anderen Namen.

Die Abgasreinigungsrückstände aus der Abfallverbrennung zählen zu den giftigsten Massenabfällen in Deutschland überhaupt. Die Bestrebungen, Filterstäube aus der Abfallverbrennung nach vorangehender Immobilisierung nun verstärkt zur Verfüllung alter einsturzgefährdeter Bergwerke insbesondere im Osten Deutschlands zu verwenden, beobachtet der BUND kritisch. Die festen Rückstände aus der Verbrennung, also Müllverbrennungsschlacke (-asche), Filterstäube und Rückstände aus der Rauchgasreinigung, enthalten nicht nur fast die ganze Schwermetallfracht des eingebrachten Abfalls, sondern auch noch organische Schadstoffe, die bei der Verbrennung nicht völlig zerstört worden sind oder sich z.B. bei der De-Novo- Synthese neu gebildet haben.

Diese Neubildungsprozesse können den Zerstörungsprozess deutlich überwiegen. Anhand einer Stoffstrombetrachtung mit Daten aus einer Anlage in Österreich lässt sich dies am Beispiel von PCDD/F verdeutlichen. Nach der Verbrennung ist dort in den Austragsströmen das 10-fache der PCDD/F-Menge vorhanden, die über den Abfall eingebracht wurde.
Der Hauptentsorgungsweg dieser Stoffe ist derzeit die Verbringung unter Tage im sogenannten Bergversatz vorgeblich zur Stabilisierung einsturzgefährdeter Hohlräume. Auch in untertägige, reguläre Sonderabfalldeponien im Salzgestein werden zwar Rückstände aus der Rauchgasreinigung verbracht. Dieser Weg hat aber aus Kostengründen nur noch geringe Bedeutung.

Aus Gründen des schwer zu führenden Langzeitsicherheitsnachweises und der meist fehlenden Rückholbarkeit der Abfälle lehnt der BUND die Verwendung von Filterstäuben im Bergversatz – auch in Salzbergwerken ab. Zur Problematik in Teutschenthal und dem Grubenfeld Angersdorf hält der BUND die Verbringung von gefährlichen Abfällen aus dem In- und Ausland für nicht verantwortbar. Sprecher Hoffmann erinnert an die Bedenken zur Langzeitsicherheit des Bergwerks durch die TU Clausthal in einer Vorabstellungnahme vom Oktober 2010.

Der BUND erinnert zugleich an die Grundsätze des sog. Basler Abkommens, nachdem das Prinzip der Nähe, d.h., der gefährliche Abfall ist zuerst in dem Land zu beseitigen, in dem er anfällt. Langwierige Transporte sind zu vermeiden, da sie hohe Risiken darstellen und das Prinzip der Autarkie. d.h., jedes Land ist verpflichtet, den in seinem Lande angefallenen Abfall auch dort zu beseitigen.

Industrie-, Gewerbe- und Verpackungsmüll bieten aber lukrative Verdienstmöglichkeiten. Das beginnt schon bei Transporten quer durch Europa (durchschnittliche Entfernung laut UBA 450 km pro Fahrt) zu den preisgünstigsten "Entsorgung"-Unternehmen. Die ursprünglich nur für "heimische" gefährliche Abfälle gebaute kommunale Sondermüllverbrennungsanlage in Herten erwirtschaftete nahezu ihren gesamten Umsatz mit Abfall aus den Niederlanden, wo es eine CO2- Steuer auch auf die Verbrennung von Abfall gibt, die so bemessen ist, dass es billiger ist, den Müll nach Deutschland zu exportieren.

Anne-Constanze Rickert, stellvertretende Chefin der Bürgerinitiative gegen eine Giftmüllregion Halle(Saale) e.V. hat recheriert, dass in Teutschenthal die Verbrennungsrückstände je Tonne für 250 Euro verklappt werden, dagegen das von Kali und Salz betriebene hessische Kaliwerk Neuhof-Ellers den vierfachen Preis verlangt. Da könne etwas nicht stimmen, meint sie. Der "Discountpreis" der Geiger-Gruppe als Gesellschafter der GTS Teutschenthal Sicherungs GmbH & Co KG, die auch noch eine Niederlassung in Italien unterhält, würde dazu führen, dass nach dem Auslaufen der Verträge der Müllverbrenner mit dem Betreiber K+S in den Gruben rund um Halle an der Saale ein in seiner Größe gar nicht vorstellbares Giftmülllager entsteht.

Die Grube sei wasser- und laugeneinbruchsgefährdet, weiß Ralf Meyer vom BUND-Landesverband zu berichten. "In solch eine Grube gehört kein Giftmüll - dies sollte doch spätestens mit Blick auf die Asse bekannt sein". Die Landesregierung würde billigend in Kauf nehmen, dass in einer ganzen Region das Grundwasser gefährdet wird. Aus dem sachsen-anhaltinischen Wirtschaftsministerium verlautet unterdessen, dass auch dort Bedenken aufgetreten seien und GTS auferlegt wurde, Nachweise der Unbedenklichkeit des von ihr angewandten Verfahren "Dickstoff-Versatz" beizubringen.

erschienen am: 2010-12-07 im europaticker

 

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