BI lebenswertes Korbach

Keine Studie notwendig

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Ministerium: Luft musste vor Genehmigung nicht untersucht werden

Von Ingo Happel-Emrich
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KORBACH. Das Regierungspräsidium (RP) bleibt dabei: Eine Untersuchung der Korbacher Luft auf Vorbelastung mit Schadstoffen ist nicht notwendig. An der Grundlage für die Genehmigung des Baus und Betriebs des Heizkraftwerkes in Korbach habe sich auch durch das Schreiben des Hessischen Sozialministeriums nichts geändert.

Darin hatte Staatssekretär Gerd Krämer eine Vorbelastungsuntersuchung vor Inbetriebnahme der Anlage gefordert - so hatte es die Bürgerinitiative für ein lebenswertes Korbach am Wochenende erklärt (wir berichteten). Diese fordert ebenfalls eine Vorbelastungsuntersuchung.

Zwischen dem RP und dem Sozialministerium habe es nie einen Dissens in der Frage der Genehmigung gegeben, sagte gestern Franz-Josef Gemein, Pressesprecher des Sozialministeriums auf Anfrage unserer Zeitung. Eine Vorbelastungsuntersuchung sei keine Voraussetzung für die Bau- und Betriebsgenehmigung. Der Brief von Staatssekretär Gerd Krämer sei „missverständlich interpretiert" worden.

Im Genehmigungsverfahren für die Müllverbrennungsanlage war eine auffällige Häufung von Atemwegserkrankungen bekannt geworden, die bei Schuleingangsuntersuchungen von Korbacher Kindern festgestellt worden war (wir berichteten mehrfach). Das Kreisgesundheitsamt hatte sich dazu veranlasst gesehen, das Sozialministerium um Unterstützung bezüglich weiterer Untersuchungen des Gesundheitszustandes der Kinder zu bitten.

Auf diese Bitte hin habe Krämer geantwortet, das Gesundheitsamt könne vor Betriebsstart des Kraftwerkes eine Luftuntersuchung vornehmen, erklärte Ministeriumssprecher Gemein weiter. Denn nur dann könne man danach eine weitere Untersuchung machen und feststellen, ob sich durch das Kraftwerk die Belastung der Luft mit Schadstoffen verändert hat.

Nach Informationen unserer Zeitung steht in dem Schreiben Krämers jedoch, dass die Datenlage zur Emissionssituation in der Region für eine Inbetriebnahme der Müllverbrennungsanlage nicht ausreiche. Im Interesse eines vorsorgenden Gesundheitsschutzes - insbesondere für Kinder - sollte daher eine weitere Abklärung des ursächlichen Zusammenhangs dieser Befunde erfolgen. Dazu sei die Datenlage über die Immissionssituation zu verbessern, dies sei insbesondere vor Inbetriebnahme der Anlage wichtig.

ln dem Heizkraftwerk soll vorbehandelter Müll verfeuert werden, um das Conti-Reifenwerk mit Wärme und Strom zu versorgen. Mitglieder der Bürgerinitiative haben gegen die Bau- und Betriebsgenehmigung geklagt.

Das Regierungspräsidium verweist jetzt darauf, dass im Zuge des Gerichtsverfahrens geklärt wird, ob die Luftbelastung in Korbach für eine Genehmigung untersucht werden muss.

 

 


Manchmal bekommt man Antworten auf Fragen, die man gar nicht gestellt hat.

So erging es jetzt dem Landkreis. Nachdem im Zuge des Genehmigungsverfahrens für das Heizkraftwerk Zahlen über Atemwegserkrankungen von Kindern bekannt geworden waren und diskutiert wurden, wollte es der Kreis genau wissen.

Denn die Zahlen basierten nicht auf einer wissenschaftlichen Untersuchung, sondern auf einem Fragebogen bei den Schuleingangsuntersuchungen. Der Kreis bat das Sozial ministerium um Unterstützung, den Gesundheitszustand der Kinder zu untersuchen.

Und als Antwort bekam er die Aussage, dass vor Inbetriebnahme des Kraftwerkes die Luftbelastung untersucht werden müsse. Das wollte der Kreis zwar gar nicht wissen - weil er nicht Genehmigungsbehörde ist - doch ist das in dem Schreiben des Staatssekretärs ziemlich unmissverständlich formuliert.

Mit seiner Aussage widerspricht der Staatssekretär der Genehmigungsbehörde Regierungspräsidium, das eine Vorbelastungsuntersuchung für nicht erforderlich hält.
Dass der Ministeriumssprecher jetzt erklärt, der Brief sei falsch interpretiert worden, offenbart sich als schlichter Versuch, zurück zu rudern.

Anscheinend sind die Fachleute im Ministerium anderer Ansicht, als die politische Führung. Es muss wohl eine Kommunikationspanne im Ministerium dazu geführt haben, dass das jetzt in dem Brief offenbar wurde.

Das kommt davon, wenn man sich zu Fragen äußert, zu denen man gar nicht gefragt wurde.

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Grüne fordern Baustopp

KORBACH (r). „Die vom Regierungspräsidium ausgestellte Genehmigung für das Müllheizkraftwerk muss widerrufen werden, da sie auf einer ungenügenden Datenbasis gründet", erklärt Daniel May, Korbacher Stadtverordneter und Landtagsdirektkandidat der Grünen.

Aus diesen Gründen müsse auch ein Baustopp für die Müllverbrennungsanlage erlassen werden. „Es kann nicht sein, dass ohne Rücksicht auf die Ergebnisse einer Vorbelastungsuntersuchung Fakten geschaffen werden", so May.

Die Grünen sehen sich derweil in ihrer Forderung nach einer solchen Untersuchung über bestehende Belastungen in Luft, Boden, Wasser bestärkt: Gerd Krämer, Staatssekretär im Sozialministerium, hatte sich gleichlautend geäußert.

„Es darf jetzt nicht bei frommen Wünschen bleiben, sondern die Landesregierung muss umgehend diese Untersuchung in Auftrag geben," sagt May.

Die Grünen und die Bürgerinitiative „Für ein lebenswertes Korbach" hätten bereits während der Umweltverträglichkeitsprüfung zur neuen Korbacher Müllverbrennungsanlage eine Vorbelastungsuntersuchung gefordert, so der Grünen-Politiker.

Quellen: HNA vom 14. November 2007

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