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Leserbrief von Willi Stanke, Vöhl

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DAS OFFENE WORT

Wissen die, was sie tun?

Zu unserer Berichterstattung über den Quecksilber-Störfall im Korbacher MW-Heizkraftwerk schreibt Willi Stanke, Vöhl:

Vorab sei betont, dass die Entscheidungsträger durchaus richtig handelten, indem sie mit der Zustimmung zum Bau des Heizkraftwerks alles getan haben, um Conti-Arbeitsplätze zu sichern.

Vor diesem Hintergrund stimmten auch die Bürger letztendlich der seltsamen Wandlung der ursprünglich geplanten Restholzverwertungsanlage über eine Ersatzbrennstoff-Verwertungsanlage zur Müllverbrennungsanlage, mehr oder weniger zähneknirschend, zu. Die Umschreibung Heizkraftwerk ändert nichts daran, dass es sich hier im Stadtgebiet Korbach schlicht um eine Müllverbrennungsanlage handelt, mit all ihren Risiken.

Es ist ein großes Glück für die Bürger, dass mit dem Regierungspräsidium in Kassel eine kompetente und souveräne Behörde den Betrieb der Anlage überwacht. Denn bei den Betreibern ist zu vermuten, dass sie nicht wissen, was sie tun. Noch schlimmer, sie wissen es, änderten aber aus betriebswirtschaftlichen Gründen nichts! Denn warum haben sie bei den letzten gravierenden Unregelmäßigkeiten im Betriebsablauf, verbunden mit erheblichen Überschreitungen der zulässigen Abluftgrenzwerte, den Störfall nicht selbst gemeldet und die Anlage heruntergefahren, wie es ihre Pflicht gewesen wäre? Nein, erst die Genehmigungsbehörde musste diesem unverantwortlichen Verhalten ein Ende bereiten!

Die Betreiber benötigten rund drei Wochen, um festzustellen, dass der letzte Slörfall durch zu viel Quecksilber im Abfall verursacht wurde! Toll! Was wäre denn die Alternative gewesen, etwa die zur Verbrennung eingetragene Umgebungsluft? Jedem privaten Kaminofenbesitzer ist klar, dass ungeeigneter Brennstoff zu Problemen führt. Professionelle  Betreiber  einer Müllverbrennungsanlage wollen nichts von diesen elementaren Dingen wissen? Atemberaubend ist die Äußerung, dass das Messgeräl falsch justiert gewesen sei! Auf  "Anschlag" kann ein Messgerät nur gehen, wenn bei der Planung der Messbereich zu klein gewählt wurde! Wie viel Quecksilber schließlich in die Umgebung geblasen wurde, soll hier einmal in den Hintergrund gestellt werden. Schlimm ist, dass während des bisherigen Betriebes offensichtlich kein geeignetes Überwachungsgerät im Einsatz war. So kann nur geschätzt werden. Ob, wie vorgeschlagen, einige Kilo zusätzlicher Aktivkohle den zukünftigen unbedenklichen Betrieb der Anlage garantieren, ist zu bezweifeln.

Völlig unbegreiflich wäre es, wenn es wirklich zuträfe, dass die Betreiber der Korbacher Müllverbrennungsanlage noch nicht zertifiziert sind! Bedenkt man, dass zum Beispiel öffentliche Aufträge in der Regel nur noch an zertifizierte Bieter vergeben werden dürfen und dadurch auch schon langsam ein kleiner   Handwerksbetrieb   in Zugzwang gerät, sich diesem Procedere zu unterziehen, die Betreiber einer solch sensiblen Großanlage aber nicht genau definiert dokumentieren müssen, wer wann, was, wie verbrennt, muss man völlig aus der Fassung geraten!

Die Betreiber wissen offensichtlich derzeit wirklich nicht, was sie in Korbach verbrennen, was sollte sonst die Willensbekundung, zukünftig die Abfalllieferanten von Experten prüfen zu lassen und die Zahl der unterschiedlichen Lieferstellen zu verringern! Unter Berücksichtigung dieser Umstände muss den Betreibern jegliche Eignung für den Betrieb abgesprochen werden! Sie müssen auch bezüglich der Müllverbrennung nicht das Rad neu erfinden. Die ordnungsgemäß geführten Entsorgungsbetriebe beweisen seit vielen lahren, dass man durchaus wissen kann, welche Stoffe von wem angeliefert, wie fachgerecht zu behandeln sind.

Als Bürger kann man sich nur wünschen, dass die Anlage erst wieder in Betrieb geht, wenn die Betreiber zertifiziert wurden, sie also ihre Kompetenz nachgewiesen haben, zukünftig eine ordentliche Dokumentation der Betriebsvorgänge garantiert ist und ausschließlich genau definierter Müll verbrannt wird. Weiter sollten pro Messparameler zur Sicherung immer zwei Messgeräte eingesetzt werden und deren mindestens arbeitstägliche Eichung vorgeschrieben werden, um messtechnische Unregelmäßigkeiten zu vermeiden.
Auch wäre zu überlegen, ob man nicht mittels heute problemlos möglicher Datenfernübertragung bei der Feuerwehr- oder Polizeiwache Anzeigegeräte für die umweltrelevanten Stoffe aufstellen könnte. Diese Einrichtungen könnten so zeitgleich nachvollziehen. welche Schadstoffmengen in die Umgebung abgegeben werden, und könnten bei Bedarf entsprechend hinweisend tätig werden.

Wenn die Müllverbrennungsanlage schon nachgerüstet wird, warum rüstet man sie dann nichi so nach, dass „heimischer" Müll verbrannt werden kann? Dann wüsste man wenigstens, was verbrannt wird! Oder wie wäre es mit einer Nachrüstung auf, wie ursprünglich einmal angedacht, Restholzverbrennung? Dann wäre auf Dauer Ruh!

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