BI lebenswertes Korbach

Überhöhte Werte schon Anfang August

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Eine ungewohnte Sitzordnung herrschte am Montagabend im Korbacher Rathaus: In der Sondersitzung der Stadtverordneten zum Thema „Störfälle im Industrieheizkraftwerk“ saß der Magistrat bewusst nicht vor Kopf, sondern hinten in der Reihe der Ortsvorsteher.

In der Sondersitzung der Stadtverordneten zum Thema „Störfälle im Industrieheizkraftwerk“ saß der Magistrat bewusst nicht vor Kopf, sondern hinten in der Reihe der Ortsvorsteher.

In Front des Sitzungssaales nahmen die Vertreter der MVV Energiedienstleistungen GmbH und die des Kasseler Regierungspräsidiums Platz. Die nämlich sollten zu den Störfällen sowie zum Konzept für das Wiederanfahren und den Betrieb der Müllverbrennungsanlage Auskunft geben.

Der Magistrat positioniere sich hiermit bewusst auf Seiten der Bürgerschaft, betonte Bürgermeister Klaus Friedrich. Die von ihm erhoffte Wiedergewinnung einer Basis - nach dem Vertrauensverlust durch den MHKW-Störfall - wollte sich indes an diesem Abend nicht einstellen.

Im Gegenteil: Mit den Auskünften der MVV zeigten sich im Verlauf des Abends nicht nur Mitglieder der Bürgerinitiative, sondern auch Stadtverordnete unzufrieden. MVV blieb unter anderem Antworten auf Fragen nach der manuellen Entriegelung sowie nach der Möglichkeit eines Nasswäsche-Filters oder einer automatischen Fernmeldung und Fernüberwachung an das RP in Kassel schuldig. Das Motto: Mehr Sicherheit und Kontrolle, als das präsentierte Konzept vorsieht, muss nicht sein.

Nichts erzählt


Als MVV-Sicherheitsbeauftragter Kai Beckelmann dann noch auf Anfrage eines BI-Mitgliedes einräumen musste, dass bereits Anfang August - also Wochen vor dem Störfall - erhöhte Quecksilber-Werte zu verzeichnen waren, zeigten sich Helmut Schmidt (SPD) und andere Parlamentarier verärgert. Davon nämlich habe MVV den kürzlich in die Anlage eingeladenen Fraktionschefs nichts erzählt. So mache der vorgeschlagene Gesprächskreis keinen Sinn.

Mitglieder der Bürgerinitiative brachten ihren Unmut über den Kraftwerksbetreiber drastischer zum Ausdruck. „Das ist doch reine Verarschung“, sagte eine enttäuschte Besucherin. (aha)


Neustart am 27. Oktober?

Kraftwerksbetreiber stellt Konzept zum Wiederanfahren der Müllverbrennung vor

Von Andreas Hermann

Korbach. Die MVV Energiedienstleistungen GmbH will ab 27. Oktober im Korbacher Müllheizkraftwerk wieder Ersatzbrennstoff (vorbehandelten Haus- und Gewerbemüll) verbrennen. Das Anfahren und der Testbetrieb mit Erdgas soll am 16. Oktober in der seit dem Quecksilber-Störfall Ende August stillgelegten Müllverbrennungsanlage beginnen, kündigten MVV-Vertreter am Montagabend im Korbacher Stadtparlament an.

In der Sondersitzung der Stadtverordneten stellte der Kraftwerksbetreiber sein Konzept zur Wiederaufnahme des Brennkessels sowie seine „qualitäts- und sicherheitsverbessernden Maßnahmen“ nach der Betriebsstörung vom 25. bis 27. August vor.

Elektrogeräte

Wie berichtet, hatte die Korbacher Anlage über einen Zeitraum von etwa 30 Stunden zu viel Quecksilber ausgestoßen. Der Ausstoß überschritt den gesetzlich erlaubten Grenzwert vermutlich um das 25-Fache. Verantwortlich dafür war nach bisherigen Erkenntnissen zu viel Quecksilber im angelieferten Ersatzbrennstoff, vermutlich durch Elektrogeräte.

Ob die Müllverbrennung tatsächlich am 27. Oktober wieder beginnen wird, darauf wollten sich in der Sitzung die Vertreter des Regierungspräsidiums Kassel noch nicht festlegen. Nach Auswertung der Boden- und Pflanzenproben, die deutlich unter den Vorsorgewerten gelegen hätten, habe es zwar mit großer Wahrscheinlichkeit keine Gesundheitsgefährdung gegeben. MVV müsse aber der Aufsichtsbehörde noch eine Reihe von Unterlagen zukommen lassen, betonte Maximilian Mägerlein (RP). „Ich wage da im Moment keine Prognose.“

Automatische Verriegelung


An Verbesserungen, die künftig Störfälle vermeiden sollen, führte MVV die automatische Verriegelung der Müllverbrennungsanlage und damit das Abfahren des Kessels bei Grenzwert-überschreitender Tendenz an - dies gelte für alle Schadstoffe. Zudem werden die Prüfung (Auditierung) der EBS-Lieferanten, zusätzliche Quecksilber-Messungen (auch mobile Messgeräte) und die Zusatzdosierung (mittels Aktivkohle/Kalk angekündigt. „Wir sind sehr sicher, dass die Anlage in der Lage ist, die Grenzwerte einzuhalten“, sagte MVV-Sicherheitsbeauftragter Kai Beckelmann.

Kritik übten Stadtverordnete, Bürgerinitiative und Besucher an den MVV-Ausführungen.


Zitate

„Aus unserer Sicht hat es mit großer Wahrscheinlichkeit keine Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung gegeben. Wir sind noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen.“

Rainer Werburg (Regierungspräsidium Kassel) zum Störfall im Müllheizkraftwerk Korbach.


„Ich kann Ihnen versichern: So etwas wie diese Fehleinschätzung wird nicht mehr vorkommen.“

Kai Beckelmann (MVV GmbH) zur falschen Reaktion der Mitarbeiter bei dem Störfall.


„Wir sind nicht Genehmigungs- und nicht Aufsichtsbehörde, das sollte doch mal bei allen angekommen sein.“

Bürgermeister Klaus Friedrich nach Zwischenruf der Besucher.


„Wir wollen eine breit angelegte Kommunikation mit der Korbacher Bürgerschaft.“

Dr. Hermann Teufel (MVV) zum geplanten Gesprächskreis.


„Das Ganze macht nur Sinn, wenn wir von Ihnen auch ehrlich informiert werden.

Helmut Schmidt (SPD) an die Adresse von MVV zum vorgeschlagenen Gesprächskreis.


„Die Korbacher Anlage hat durchschnittlich hervorragende Brennwerte.“

Kai Beckelmann (MVV)
Direkt dazu:
„Das stimmt nicht, sie arbeitet immer am Grenzwert.“

Zuruf von Mitgliedern der Bürgerinitiative.


Abschalten, abschalten!“

Forderung aus den Reihen der Besucher.

 

Quelle: HNA vom 14. Oktober 2009

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