Gemeinsam mit dem Aktionsbündnis aus BUND, NABU, Bündnis 90 / Die Grünen und der "Bürgerinitiative für ein lebenswertes Korbach", wurde das Hamburger Gutachterbüro "Umweltnetzwerk" beauftragt, die vom Betreiber zum Scopingtermin vorgelegten Unterlagen zur geplanten Abfallverbrennungsanlage Korbach der Firma MW Mannheim zu sichten und ergänzende Vorschläge für einen Anforderungskatalog zu erarbeiten
Der Auftrag lautete, konkrete Vorschläge für den Untersuchungsrahmen zur geplanten Umweltverträglichkeitsprüfung über einen Anforderungskatalog zu erstellen. Dieser Anforderungskatalog soll von dem Aktionsbündnis gegenüber dem Antragsteller sowie der Genehmigungsbehörde als Mindestanforderungen zur Umsetzung der Anlage vorgelegt werden.
Das Umweltgutachterbüro fand bereits im frühen Stadium wesentliche Schwachstellen in den vom zukünftigen Betreiber für die Umweltverträglichkeitsprüfung vorgestellten Unterlagen. So ist von den Gutachtern des Antragstellers geplant, auf die Ermittlung eigener Daten vor Ort weitestgehend zu verzichten und stattdessen Untersuchungsergebnisse für die Bestimmung der Vorbelastung aus fremden Gegenden oder gar aus anderen Bundsländern heranzuziehen. Eine solche Verfahrensweise entspricht ausdrücklich nicht den Vorgaben der TA-Luft*. Liegen keine Vorbelastungsdaten vor, so sind diese messtechnisch zu ermitteln. Eine messtechnische Erfassung der Vorbelastung soll aber laut Angaben der Gutachter über die Umweltverträglichkeitsuntersuchung UVU* nicht oder nur für einige ausgesuchte Parameter stattfinden. Dadurch kann eine Bewertung der Vorbelastung nur unzureichend erfolgen, was ausdrücklich abgelehnt wird.
Für das Aktionsbündnis ist es weiterhin eine unbestreitbare Tatsache, dass Korbach einige ökologische Besonderheiten aufweist, die sehr ungünstigste Voraussetzungen für den Standort einer geplanten Anlage zur Verbrennung von Abfällen mit sich bringt:
Der geplante Anlagenstandort liegt mitten in einem Wasserschutzgebiet der Trinkwasserversorgung der Stadt Korbach. Die Lagerung und Verbrennung von Abfällen ist grundsätzlich nach dem WHG* in diesem Gebiet verboten. Ob die Anlage an dem Standort genehmigt werden kann, ist von einer Sonderfallprüfung von mehreren Behörden, u. a. der Wasserbehörde abhängig.
Nach Angaben des HLUG* zufolge werden in der Hochebene um Korbach an über 170 Tagen im Jahr Inversionswetterlagen registriert, die einen geregelten Schadstoffabtransport bei Schwachwinden erschweren.
Die vom Betreiber MW Mannheim gewählte Rauchgasreinigung mit nur 2 Stufen entspricht nicht dem aktuellsten Stand der Technik. Stand der Technik sind mehrstufige Anlagen, (4-8-fach) die eine deutliche Minderung der Schadstoffe ermöglichen. Beantragt wurden für die Anlage hingegen lediglich die Werte der gesetzlich vorgeschriebenen 17. BlmSchV. Damit wird zwar dem Gesetz entsprochen, jedoch kein vorbeugender Umweltschutz für die BürgerInnen Korbachs und Umgebung ermöglicht, (s. a. Folie Vergleich genehmigter MVA- Schadstoffwerte)
Nach Aussagen des HLUG wurden im Wasserschutzgebiet in unmittelbarer Nähe der Fabrik Continental höhere Schadstoffwerte im Bereich der Teichmühle (chemisch hochtoxisches LHKW im Trinkwasser) festgestellt. Es ist daher nicht auszuschließen, dass wie an anderen Continental-Produktionsstätten festgestellt, sich ebenfalls Altlasten sowohl auf dem Grundstück selbst, als auch in direkter Nähe als Schadstoffanreicherungen im Boden befinden. Auch die Bodenstandorte im Untersuchungsgebiet weisen teilweise hohe Vorbelastungen auf. Vorsorgewerte der BBodSchV werden überschritten.
Schon allein aus diesen genannten Gründen sind zusätzliche Belastungen, wie sie von der geplanten Anlage ausgehen werden, nicht akzeptabel. Sie führen zu einer deutlichen Verschärfung der Belastungssituation für die Bevölkerung Korbachs und Umgebung.
Vom Aktionsbündnis werden deshalb folgende grundsätzliche Forderungen erhoben:
Aufgrund der kritischen industriellen Vorbelastung Korbachs sowie einer Zusatzbelastung, die teilweise die Irrelevanzkriterien der TA-Luft in Korbach der geplanten Anlage überschreiten wird, (siehe klimatischen Bedingungen bei Inversionswetterlagen) ist eine wesentlich stärkere Begrenzung der Emissionen über eine verbesserte Rauchgastechnik geboten
Einbeziehung eines neutralen Toxikologen sowie die Erstellung eines Humantoxikologisches Gutachten
Erweiterung des Beurteilungsradius auf 5 Km für die Umweltverträglichkeitsuntersuchung
Erst nach vorliegen dieser gesamten Daten sollte eine Entscheidung zum Bau der Abfallverbrennungsanlage gefällt werden.
Fazit:
Die Vorstellung der Pläne für eine Abfallverbrennungsanlage weisen bereits im frühen Stadium der Rahmenfindung (Scoping) eine Reihe von fehlenden Ausgangspunkten und falschen Voraussetzungen auf. Bei deren Festlegungen als Grundlagen für die zu erstellende Umweltverträglichkeitsuntersuchung können sich diese zu schweren Fehlern der Antragsunterlagen entwickeln; die es gilt zu vermeiden.
Der vom "Umweltnetzwerk" vorgelegte Anforderungskatalog soll dazu dienen, die Grundlagen der z. Z. in Auftrag gegebenen Gutachten der Antragsunterlagen mit entscheidend zu erweitern.
Hierbei wird im Besonderen auf die ökologischen Besonderheiten der Stadt und der Region Korbach hingewiesen, wie z. B. die Häufigkeit der Inversionswetterlagen sowie die Trinkwasserschutzgebiete in und um Korbach.
Nach Auffassung des Aktionsbündnisses muss dabei die exakte und aktuelle Ermittlung der Vorbelastung durch 100 Jahre industrielle Nutzung inmitten der Stadt Korbach eine entscheidende Rolle spielen. Eine Erhebung dieser neuzeitlich zu ermittelnden Daten muss alle betroffenen Umweltmedien Luft (inkl. Geruchsbelästigungen), des Bodens und des Wassers durch aktuelle Gutachten mit berücksichtigen.
Ziel des Auftrages an das "Umweltnetzwerk" war es vorrangig, über den vorgelegten Anforderungskatalog die Rahmenbedingungen der Antragsunterlagen zum Industriekraftwerk Korbach so zu erhöhen, dass ein Maximum an Umweltschutz für die Bevölkerung in der Region Korbach ermöglicht wird.
V.i.S.d.P.:
Aktionsbündnis:
"Bürgerinitiative für ein lebenswertes Korbach"
BUND Korbach
NABU Korbach
Bündnis 90 / die Grünen Korbach
Dieser Vorschlag für den Untersuchungsrahmen zur geplanten Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) wurde am 21. April 2006 dem Regierungspräsidenten in Kassel übersandt.